International Association for
Anthroposophic Body Therapies

Als junger homöopathischer Arzt in den 1930er Jahren erfuhr Pressel, dass er durch Massieren des Rückens, in Bauch- und in Seitenlage, schnell einen Eindruck von der gesamten gesundheitlichen und persönlichen Verfassung seines Patienten erhalten konnte, und ferner, dass er durch seine Massage, zusammen mit anderen therapeutischen Mitteln, direkt und wirksam eingreifen konnte.
Er wollte daher schon damals selten auf dieses Mittel verzichten, wobei sich erbab, dass er viele, bis zu dreißig Patienten pro Tag massierte, allerdings sehr kurz und zielbewusst.

In diese Zeit fällt auch seine erste Berührung mit der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, in dessen Schriften er Antworten auf die Fragen fand, die sich aus seiner Tätigkeit am Patienten ergaben.

Seine Erfahrungen mit dieser Art des Massierens vertiefte sich während seiner Lagertätigkeit in den 1940er Jahren in der weissrussischen Kriegsgefangenschaft, wo ihm ausser seinen Händen nur wenige andere "Heilmittel” zur Verfügung standen.

In den 1950er Jahren erfuhr seine Massage eine tiefgreifende Erweiterung:
Er war als Schularzt an der wiedereröffneten Freien Waldorfschule in Stuttgart an der Uhlandshöhe tätig und erlebte, dass die vom Krieg traumatisierten Kinder und Jugendlichen durch Massage der Waden sich wieder harmonischer in ihren Körper verbinden und Traumata überwinden konnten.
Aufgrund dieser Efahrungen erhielt seine Therapie eine grundlegende Struktur: Ein Wechsel von Mal zu Mal zwischen Wadenmassage und Rückenmassage. Pressel fand dieses Vorgehen auch darin bestärkt, dass Rudolf Steiner davon gesprochen hat, wie die Massage der unteren Gliedmaßen die Ausscheidung anregt, während eine Massage der Arme und des oberen Rückens die den Leib aufbauenden Kräfte anspricht (1).

Zu dieser Zeit nahm Pressel Teil an Kursen bei Dr. med. Bernard Lievegoed, niederländischer Anthroposophischer Psychiater, über die sogenannten Planetenqualitäten, eine anthroposophische Anschauungsweise von sieben Grundqualitäten in Kosmos, Natur, Mensch und Therapie. Hier fand Pressel den geistigen Kern seines Wirkens. Er erlebte und vermittelte diese Siebenheit als ”unsere ältesten und zukünftigsten Lehrer”, bis in die Griffqualitäten und Bewegungsabläufe seiner massierenden Hände hinein.

Noch immer war seine Behandlungsweise kurz, direkt und forschend.
Durch die Verbindung mit seiner Ehefrau Lies Pressel 1957 kamen Elemente der Rhythmischen Massage in seine Praxis hinzu, hauptsächlich zur Eröffnung und zum Abschluss einer Behandlung, aber auch durch die Entwicklung der sogenannten "Kreuzmassage" als Komplement zur Wadenmassage. Durch diese Erweiterungen wurden die Massagen wesentlich länger und mit einhüllenden, belebenden, entspannenden Elementen durchzogen.

In den 1970er Jahren gab Simeon Pressel auch Kurse in dieser Heilmassage. Etwa zehn Tage vor seinem Tod im Oktober 1980, bereits schwer von seiner Krebserkrankung gezeichnet, schloss er seinen letzten Kurs ab mit den Worten: ”Für Halbheiten wollen wir uns zu gut sein.”

Seine Kollegin, die Ärztin Gretl Stritzel, und seine Ehefrau Lies Pressel, führten die Therapie und auch die Kurstätigkeit nach seinem Tod fort.

Grundlage der Methode

Ausgehend von der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners war es Simeon Pressels Anliegen, den Menschen nicht nur gesundheitlich sondern auch biographisch und geistig zu begleiten. Er entwickelte diese Therapie aus dem Erfassen des Muskels als ”kristallisiertem Karma” (2), und strebte danach, den Menschen über die Arbeit am Leib durchlässiger für den Geist werden zu lassen.

Im Wechsel zwischen ”Beinmassage” und ”Rückenmassage” werden "Stoffwechsel-Gliedmaßenpol" und "Sinnespol" abwechselnd angesprochen, wodurch das rhythmische System, als das eigentlich gesunde und Gesundende im Menschen, gestärkt werden kann.

Arbeitsfelder

Heute hat sich diese Massage bewährt bei der Begleitung junger Menschen, behinderter Jugendlicher und Erwachsener, als sozial stabilisierende Kraft in Dorf- und Arbeitsgemeinschaften, als Pflege und Prävention in Familien, und nicht zuletzt als Einzeltherapie oder Teil einer umfassenderen Therapie bei den unterschiedlichsten Krankheitsgebieten: Zu nennen sind stressbedingte Diagnosen, Stoffwechselstörungen und -erkrankungen, Zyklusstörungen, Durchblutungsstörungen, Muskelspannungen, organische Schwächen und/oder Schäden, biographische Krisen und das gesunde Umgehen mit jeglicher Art von Krankheit oder Herausforderung.

Interdisziplinäres Arbeiten

Pressel übte selber regelmässig die verschiedensten Kunsttherapien und vermittelte seine Patienten an entsprechende Kollegen. Auch in den Kursen kann die musikalische, gestaltende und bewegliche Essenz dieser Therapie erlebt und geübt werden.
Die Massage kann bei Bedarf duch Öldispersionsbäder vorbereitet werden.
Im Sinne Pressels können Patienten inspiriert werden, sich selber zu pflegen durch beispielsweise Wickel, Diäten, Bewegung im Freien und Studium geistiger Inhalte.
Duch eine Zusammenarbeit mit ärztlicher Kompetenz kann ein Heilungsprozess medikamentös unterstützt werden, jedwede Zusammenarbeit mit anderen therapeutischen Interventionen kann je nach Situation eine Bereicherung darstellen.

Fortbildung

Schulungsangebote in der Anthroposophischen Körpertherapie

Organisationsformen

2014 wurde der Berufsverband für Massage nach Dr. med. Simeon Pressel e.V. gegründet, mit Sitz in Kassel:
Berufsverband für Massage nach Dr. med. Simeon Pressel e.V. 
Kontakt: Dr. Rainer Werthmann, geschäftsführender Vorstand: werthmann.rainer@t-online.LÖSCHEN.de

Ein Kreis von Lehrkräften arbeitet regelmässig an der Fortentwicklung dieser Massage.

Weitere Informationen:
www.massage-pressel.com
www.stroemungsmassage.de
www.presselmassage.info

Kontakt:
Jülia Pressel julia.pressel@gmail.LÖSCHEN.com
Dorothea Friemel stroemungsmassage@gmx.LÖSCHEN.de
Elma Pressel elma.pressel@medsektion-ikam.org

Literatur

• (1) Steiner, R. "Geisteswissenschaft und Medizin", 16. Vortrag
• (2) Steiner, R. Inneres Wesen des Menschen und Leben zwischen Tod un neuer Geburt", 1. Vortrag
• Pressel S. "Bewegung ist Heilung" Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben; 1984
• Keyserlingk Graf A von. Simeon Pressel. In: Selg P (Hg). Anthroposophische Ärzte. Lebens- und Arbeitswege im 20. Jahrhundert. Dornach: Verlag am Goetheanum; 2000: 341-344
• Stritzel G. Die Strömungsmassage nach Dr. med. Simeon Pressel. Der Merkurstab 2007; 60 (6): 560-565
• Pressel L. Massage nach Dr. med Simeon Pressel. Einblick in Hintergründe, Entwicklung, Durchführung und Wirkungsweise. Der Merkurstab 2007; 60 (1): 45-49
• Pressel E. Massage nach Simeon Pressel. Wirkung auf den weiblichen Zyklus - 4 Kasuistiken. Der Merkurstab 2014; 67 (2): 143-147
• Pressel E. Massagetherapie. In Glöckler M (Hg). Meditation in der Anthroposophischen Medizin. Salumed Verlag; 2016
• Herrero F. Indikation, Durchführung und Wirkung der Massage nach Dr. Simeon Pressel. Der Merkurstab 2013; 66 (2): 141-144
• Robert A. Massage nach Dr. Simeon Pressel - Hilfe und Begleitung. Medizinisch-pädagogische Konferenz 2016; 79:99-106
• Robert A. Die Massage nach Dr.med.Simeon Pressel - Hilfe und Begleitung für den heutigen Menschen. Der Merkurstab 2018; 71(6):454-458